Die bemerkenswerte Reise des Fahrgastkabinenschiffs Dr. Ingrid Wengler

Auf den folgenden Seiten finden Sie in groben Schritten zusammengefasst, wie alte DDR-Seilschaften, mit Funktionären innerhalb Bundesdeutscher Behörden, einer missliebigen “Wessi-Initiative” begegnet sind. Und außerdem: Hier finden Sympathiebekundungen einiger Menschen aus Berlin und ganz Deutschland einen Platz: Der Fanclub “Dr. Ingrid Wengler”

Behördenwillkür - Perfide oder Heimtücke


Man mag es perfide nennen, oder auch niederträchtig, meinetwegen auch heimtückisch, in jedem Fall aber war es willkürlich, was da vom Wasser- und Schifffahrtamt, Berlin, am 17. Oktober 1996 veranstaltet worden ist. Außerdem war die Aktion in hohem Maße schikanös.


Liegeplatz der MS Dr Ingrid Wengler

Jegliche Willkür aber sollte einer Behörde nach geltendem Recht verboten sein; zu Schikanen äußert sich unser Recht weniger deutlich.. Aber ohnehin sind Recht haben und Recht bekommen, in diesem Lande zweierlei, zumal dann, wenn zu der Ignoranz einer Behörde noch das Unvermögen eines Rechtsanwalts kommt. Aber urteilen Sie selbst, schließlicht sagt ein Bild oft mehr als tausend Worte (Wenn Sie auf ein Foto klicken, wird es vergrößert, ein erneuter Klick bringt Sie hierhin zurück).

Völlig unbegründet und plötzlich aus dem Hut gezaubert war die Behauptung, das Schiff würde die Schifffahrt behindern. Nun muss man wissen, dass behauptete “Behinderung” und unterstellte “Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs” allgemein beliebte Totschlagsargumente der Schiffahrstbehörden sind, wenn ihnen etwas aus irgend welchen Gründen nicht passt. Völlig willkürlich wurde dann das Argument nachgeschoben, die Anlegebauwerk (aus Beton) und die dazu gehörenden Dalben (aus Stahl) seien marode und deswegen unsicher. Was sich beides nach Prüfung als falsch heraus stellte.


Vom Liegeplatz zum Osthafen in einer schikanösen Aktion des WSA Berlin

Sehen Sie selbst: Können Sie sich vorstellen, dass ein Schiff an der Stelle, an der die “Dr. Ingrid Wengler” lag, in irgend einer Weise die “Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs” beeinträchtigen könnte? Und - wären Bauwerk und Dalben tatsächlich reparaturbedürftig gewesen, hätte man die Arbeiten nicht durchführen können, OHNE das Schiff in die “Wildnis” zu schleppen?Meinen Widerspruch gegen den diesbezöglichen, amtlichen Bescheid hat man nicht zur Kenntnis genommen. Angeblich liegt mein Schreiben mit dem Widerspruch, das ich persönlich in den Hausbriefkasten des Wasser- und Schiffahrtsamtes eingesteckt habe, dem Amt nicht vor. Man wollte Fakten schaffen und tat das am 17. Oktober 1996.

Am Vormittag dieses Donnerstags hatte ich einen Termin beim seinerzeit neu berufenen Investitionsbeauftragten beim Wirtschaftssenator. Als ich zu meinem Schiff zurückkehren wollte, war es weg. Einfach weg! Erst am folgenden Tag gelang es mir, den Standort auszumachen, an den man es gebracht hatte.

Das war nicht etwa ein Schiffsliegeplatz, von denen Berlin weißgott genügend hat, nein, man hatte das Schiff genau zu der Stelle gebracht, an der es noch heute liegt: Mitten in der Spree. Ohne Zugang von Land. Ohne Stromanschluss. Ohne Trinkwasserversorgung.


Dorthin hat Behördenschikane des MS Dr. Ingrid Wengler gebracht

Was muss in dem Hirn eines Verwaltungsbeamten (in diesem Fall, einer Beamtin) vorgehen, wenn solch eine Maßnahme herauskommt?

Jener Frau B. (wie schon gesagt, bei begründetem Interesse nenne ich den Namen) war bekannt, dass dieses Schiff nicht nur meine wirtschaftliche Existenz, mein Arbeitsplatz und auch meine (einzige) Wohnung war. Hat man in diesen Beamtenkreisen schon mal etwas von dem Grundrecht auf “Unverletzlichkeit der Wohnung” gehört? Liegt es daran, dass jene ost-berliner Mitarbeiter - sechs Jahre nach der Wiedervereinigung - doch noch dem SED-Staat näher standen, als dem Grundgesetz? Kann es sein, dass sich alte Seilschaften von “diesem Wessi” in ihren Kreisen gestört fühlten? Hinweise auf die Richtigkeit derartiger Vermutungen gibt es!

Ganz bewusst hat man an der ursprünglichen Liegestelle die Stromversorgung des Schiffs, das Telefonkabel und den Internetzugang gekappt und dennoch einen Platz ausgesucht, an dem alle diese, in einer zivilisierten Welt notwendigen Mindestvoraussetzungen nicht gegeben waren und sind. Damit war das Schiff für mich nicht mehr zugänglich und es kam, wie es kommen musste. Alles leichtfertig, oder besser böswillig, in Kauf genommen!

Abgesehen davon, dass Kühlschrank- und Gefriertruheninhalte verdarben, war auch meine ganze persönliche Habe an Bord des unverschlossenen (weil von der Behörde aufgebrochenen) Schiffs den sehr bald in Erscheinung tretenden Plünderern ausgeliefert. Hinzu kam, dass in diesem Jahr sehr früh die ersten Fröste auftraten. Weil das Schiff nicht winterfest gemacht war, ist vermutlich eine Versorgungsleitung des Kühlsystems geborsten und das Schiff begann, voll Wasser zu laufen. Langsam, ganz langsam, aber bestimmt. Und nun liegt es auf Grund. Sind Sie zufrieden Frau Borowski? Sind es Ihre Genossen auch?

Technische Details der MS Dr. Ingrid Wengler


Das Kasko, mit einer Seitenhöhe von 2,50 m, wurde 1959 in Rundspantbauweise in den Niederlanden gebaut, und zwar auf der Schiffswerft Gebrüder Sander in Delfzijl in der Provinz Groningen. Es ist ein, für diese Schiffsgröße relativ stark gebautes, Fahrzeug, das in Niet- und Schweißtechnik auf Querspanten mit drei Längsstringern konstruiert ist. Eingesetzt war das Schiff zunächst als Einraumschiff in der Frachtschiffahrt auf den küstennahen, niederländischen Gewässern und den niederländischen und deutschen Binnenwasserstrassen.

Anfang der 1980er Jahre wurde das Schiff durch den neuen Eigner in Nürnberg zu einem Fahrgast-Kabinenschiff um- bzw. ausgebaut. Es erhielt die Zulassung für die Fahrtgebiete 2 und 3, also insbesondere auch für die Müritz und den Schweriner See.

Das Schiff hat nun drei Decks: Erstens das Unterdeck mit (jeweils von achtern nach vorn) der Technik, dem Store, den Crew-Kabinen, den Gästekabinen und Tanks (Frisch- und Schmutzwasser). Zweitens das Hauptdeck mit der Kapitänskajüte, der Kombüse, der Bar, dem Decksalon und den Vordeck. Drittens das Oberdeck.

Das Schiff verfügte über acht Gäste- Doppel- Außenkabinen, jeweils mit Dusche und WC (auf dem Unterdeck) und einer neunten, der sog. Eignerkabine auf dem Zwischendeck.

Decksplan (schematisch)

Deckplan

Kabinenplan (schematisch)


Kabinenplan

Die Gästekabinen (jeweils mit Dusche und WC) gab es im Typ L (zwei Einzelkojen) und im Typ H (eine Doppelkoje).

Abmessungen

  • Länge über alles: 41,00 m
  • Länge über den Loten: 38,60 m
  • Breite über alles: 5,07 m
  • Eintauchtiefe, Salzwasser: 1,10 m
  • Eintauchtiefe, Süßwasser: 1,20 m
  • Leerfesthöhe: 3,50 m

Technische Ausstattung


Antrieb:

  • Einwellenantrieb mit Festpropeller
  • Antriebsmotor: 10 Zylinder V-Motor, MAN 2530 o.A.
  • Antriebsleistung: 180 kW
  • Getriebe: hydraulisches Wendegetriebe
  • Ruderanlage: Zwei-Flächen-Balanceruder, manuell

Elektrik:

  • Dieselgenerator 380 V, 120 kW, AC
  • Dieselgenerator 380 V, 60 kW, AC
  • 3 DC/AC Wandler 230 V, 10 kW
  • 24 V, DC

Heizung:

  • WW-Fußbodenheizung in allen Räumen Wärmerückgewinnung von allen Motoren öl-Heizkessel für die Liegezeiten


Tanks:

  • Treibstoff: 5.000 l
  • öl: 200 l
  • Altöl: 200 l
  • Frischwasser: 10.000 l
  • Schmutzwasser: 10.000 l
  • Warmwasserspeicher: 5.000 l

Anker:

  • 2 Buganker
  • 1 Heckanker

Winden

  • Elektro-Ankerwinde, vorn, für 2 Anker mit 2 Spillköpfen
  • Elektro-Ankerwinde, achtern, für 1 Anker mit 1 Spillkopf


Das Schiff ist im Schiffsregister beim Amtsgericht Wiesbaden eingetragen unter der Nummer 528



Schiffsname


Dr. med. Ingrid Monika Rotraut Wengler

Das Schiff trägt den Namen von Frau

Dr. med. Ingrid Monika Rotraut Wengler

Fachärztin für Chirurgie

Frau Wengler war in Chemnitz geboren. Sie hatte an der Universität Leipzig Medizin studiert und promoviert. Zuletzt war sie chirurgische Oberärztin am Dreifaltigkeits-Hospital in Lippstadt (NRW) Auf einer Autofahrt am 23.10.1979 von Lippstadt nach Berlin verunglückte Ingrid Wengler tödlich. Sie starb auf der Autobahn in der Nähe von Burg (Sachsen-Anhalt), in der Gemarkung der Gemeinde Paplitz im Landkreis Genthin.

Sie hat eine nie geschlossene Lücke hinterlassen.

Fotos


Das MS Dr Ingrid Wengler als GästeYacht des MDR auf der Elbe vor Dresden

Das MS Dr Ingrid Wengler als GästeYacht des MDR auf der Elbe vor Dresden

Das MS Dr Ingrid Wengler auf der Havel bei Zehdenick

Das MS Dr Ingrid Wengler auf der Havel bei Zehdenick"

Das Revier des MS Dr Ingrid Wengler zwischen Berlin und dem Schweriner See

Das Revier des MS Dr Ingrid Wengler zwischen Berlin und dem Schweriner See

Revier des MS Dr. Ingrid Wengler

Revier des MS Dr. Ingrid Wengler

Das MS Dr Ingrid Wengler als GästeYacht des MDR in Dresden

Das MS Dr Ingrid Wengler als GästeYacht des MDR in Dresden

Das MS Dr Ingrid Wengler auf seiner Fahrt zwischen Berlin und dem Schweriner See

Das MS Dr Ingrid Wengler auf seiner Fahrt zwischen Berlin und dem Schweriner See

Das traumhaft-schöne Fahrtgebiet des MS Dr Ingrid Wengler zwischen Berlin und der Müritz

Das traumhaft-schöne Fahrtgebiet des MS Dr Ingrid Wengler zwischen Berlin und der Müritz

Das traumhaft schöne Fahrtrevier des MS Dr Ingrid wengler zwischen Berlin und der Müritz

Das traumhaft schöne Fahrtrevier des MS Dr Ingrid wengler zwischen Berlin und der Müritz

Innenansichten


Die Bordbar des MS Dr Ingrid Wengler in Mahagini und Vogelaugenahorn

Bar an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler” (in Mahagonie-Wurzelholz und polierten Messingbeschlägen).

Die Bar und Captains-Table des MS Dr Ingrid Wengler in Mahagoni und Vogelaugenahorn

Bar an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler” mit Kapitäns-Tisch (in Vogelaugen-Ahorn mit Mahagonie).

Barfrau und Zahlmeisterin Carola Köllner an Bord des MS Dr Ingrid Wengler

Bar an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler” und Kapitäns-Tisch.

Im Decksalon des MS Dr Ingrid Wengler

Decksalon an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler” (mit Bauhaus-Stühlen und multifunktionalen Tischen).

MS_Dr_Ingrid_Wegler-Salon-3-klein

Blick in den Decksalon an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler” bei Tag.

Blick in den Decksalon an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler” am Abend.

Blick in eine der acht Gästekabinen Typ H, mit Dusche und WC)) an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler”.

Blick in die Kombüse an Bord der MS “Dr. Ingrid Wengler”, in der vom Smutje die hohe Kunst der internationalen Küche gepflegt wurde.

Feindliches Land mit freundlichen Einwohnern


Die ersten Reisen der MS Dr. Ingrid Wengler von Berlin zu den brandenburgisch-mecklenburgischen Seen ähnelte zuweilen einer Expedition in unbekanntes Land. Hier hätte man sich gewünscht, dass die Damen und Herren der Wasser- und Schiffahrtsämter einen ähnlichen Eifer an den Tag gelegt hätten, wie später jene Frau B. und ihre Kollegen in Berlin, als sie sich mit Schikanen daran machten, ein Unternehmen zu ruinieren.

Die offizielle, amtliche Tauchtiefe auf den regionalen Gewässern war auf 1,20 m festgelegt. Das Schiff war auf 1,15 m getrimmt. Dennoch musste eine Fahrt von Wesenberg nach Neustrelitz bei der Schleuße Voßwinkel abgebrochen werden. Grund: Der Kammerkanal war völlig verschlammt, verschlickt und verkrautet, deswegen unzureichende Wassertiefe. Da es dort keine Wendemöglichkeit für ein 40-m-Schiff gibt, war eine Rückwärtsfahrt von jener Schleuße Voßwinkel bis zum Woblitzsee angesagt.

Das kurioseste Vorkommnis jedoch war folgendes auf dem Weg über den Störkanal zum Schweriner See:


MS_Dr_Ingrid_Wegler_wartet_bei_Plate_auf_die_Beseitigung_von_Hindernissen_im_Storkanal

In Plate war eine schöne, neue Klappbrücke über den Störkanal in Betrieb genommen worden. Die Brücke war so neu, dass die Lichtsignalanlage noch nicht funktionierte; die Verkehrregelung erfolgte durch Handzeichen.

Zur allgemeinen überraschung fuhr sich die MS Dr. Ingrid Wengler mitten in der aufgeklappten Brücke mit dem Bug auf einem unbekannten Hindernis fest.

Die Brücke war hochgeklappt, die darüber führende, vielbefahrene Straße war somit gesperrt. Entsprechend groß war die allgemeine Aufregung. Nicht an Bord der Dr. Ingrid Wengler, wohl aber bei den Straßennutzern und Verkehrsverantwortlichen.

MS Dr Ingrid Wegler wartet bei Plate auf die Beseitigung von Hindernissen im Störkanal-1 Zur Lösung des Problems wurde aus Grabow, über die Elde, ein Bautrupp des dortigen Wasser- und Schiffahrstamts herbei beordert.

Es stellte sich heraus, dass die ausführende Brücken-Baufirma, nach Beendigung der Bauarbeiten, den Bauschutt und alles übrig gebliebene Material kurzerhand ins Wasser geworfen hatte.

MS Dr Ingrid Wegler wartet bei Plate auf die Beseitigung von Hindernissen im Störkanal-3 Für einige der Gäste an Bord der Dr.Ingrid Wengler sollte die Reise planmäßig in Schwerin zu Ende gehen; um Anschlusstermine rechtzeitg zu erreichen, wäre ein Bustransfer dorthin notwendig geworden.

Es macht aber einen Unterschied, ob man sich dieser schönen Stadt über eine staubige Straße nähert, ober vom Schweriner See her den Blick auf das eindrucksvolle Schloss richten kann.

Hier half die Wasserschutzpolizei aus: Sie brachte jene Gäste mit dem Boot nach Schwerin und verhalf so dennoch, trotz der Widrigkeiten, jenen Gästen zu diesem einzigartigen Erlebnis, sich der Stadt vom Wasser her zu nähern. Dafür sei ihr noch immer gedankt!

Ende gut, alles gut! Mit einiger Verspätung, aber wohlbehalten und gut gelaunt, erreichten die übrigen Gäste, die Crew und das Schiff schließlich doch den vorgesehenen Ankerplatz vor dem Schweriner Schloss.

Wegbegleiter


Ein ganz besonderer Dank!

Mein ganz besonderer Dank gilt Carola, meiner langjährigen, tüchtigen Mitstreiterin und zuverlässigen Begleiterin. Sie hat von Anfang an und bis zum bitteren Ende, und gegen alle Widrigkeiten, stets fest und unverrückbar zum Schiff und zu mir gehalten.

Sie war immer die eigentliche Seele des Schiffs. Mit der Technik und den nautischen Belangen war sie ebenso vertraut, wie mit den Aufgaben in Verwaltung und Gastronomie. Im Overall war sie ebenso souverän wie im Abendkleid, im Maschinenraum ebenso sicher wie im Salon.

Vor allem sie hatte Besseres verdient, als dieses Ende!